Internationaler Workshop: «How do we compare… the Gospels»
Am 4.-5. Mai 2023 fand an der Universität Bern ein internationalerWorkshop zum Kernthema des Subprojekts 2 statt. Alle Informationen und einige Impressionen finden Sie hier.
Über das Projekt
Etwa zu derselben Zeit wie die Evangelien entstanden sind, verfasst der griechische Philosoph Plutarch 46 Biographien, in denen er die Lebensgeschichten bedeutender Griechen und Römer erzählt. Ihn treibt nicht nur ein historisches Anliegen. Anhand der Lebensbilder denkt Plutarch über grundlegende philosophische Themen nach, zu denen auch die Frage nach dem Göttlichen und seinem Wirken in der Welt gehört. Werden Evangelientexte und die Biographien Plutarchs nebeneinander gelesen, stellt sich die Frage, inwiefern nicht nur die frühen Christen, sondern auch der pagane Philosoph das Wirken des Göttlichen in der Geschichte im Leben von grossen Persönlichkeiten zu erkennen glaubt und in seine Darstellungen einzeichnet.
Das Forschungsprojekt beginnt mit einer Beschreibung und Analyse der Forschungsgeschichte um die Frage nach der Gattung der Evangelien, wobei Grundtendenzen, Problemfelder und blinde Flecken der Diskussion aufgezeigt werden. Bei der Gattungsfrage geht es unter anderem um die Frage nach der Vergleichbarkeit der Evangelien mit anderen Texten ihrer Zeit, nach ihrem Selbstverständnis und nach dem Anspruch mit dem sie gelesen und verstanden werden sollen. Aus diesen Auseinandersetzungen wird ein synchroner, reziproker Textvergleich vorgeschlagen, der insbesondere auf religiöse Aspekte von Vergleichstexten achtet und diese ins Gespräch mit den Evangelientexten bringt.
In einem zweiten Teil des Forschungsprojekt wird ein solcher reziproker Textvergleich anhand Plutarch’s Leben Numas und dem Lukasevangelium durchgeführt. In beiden Texten wird sowohl ein historisches wie auch ein starkes religiöses Interesse signalisiert. Sie zeigen ähnliche Konzepte und schriftstellerische Strategien im Hinblick auf die literarische Darstellung des Wesen des Göttlichen und dessen Wirken im Leben der Hauptperson. Gleichzeitig zeigen sich auch spannende Unterschiede im Detail. Ähnlichkeiten wie Unterschiede geben Anlass zu weiterführenden theologischen Diskussionen.
Ziel des Projektes ist es, anhand der forschungsgeschichtlichen Auseinandersetzung und dem durchgeführten exemplarischen Beispiel eine neuen Methodik des interkulturellen Textvergleichs zu entwerfen, mit Hilfe derer religiöse Aspekte von paganen Texten neu erschlossen und ungewohnte Anstösse für die Evangelienexegese gewonnen werden können. Nicht zuletzt will das Forschungsprojekt auch im Hinblick auf die Gattungsdiskussion zu einem besseren Verständnis der Evangelien in ihrem literarischen Umfeld beitragen.